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Lifestyles aus Japan und Skandinavien Von Ikigai bis Hygge – 10 Lebenskünste, die Glück versprechen

Gerade erlebt Ikigai, eine Lebensphilosophie aus Japan, einen neuen Popularitätsschub. Das fernöstliche Glücksrezept (siehe Punkt 1) trendete im Westen zwar schon vor einigen Jahren. Doch im Zusammenhang mit der legendären Langlebigkeit der Japaner wird es gerade besonders oft wieder zitiert.

Aber Ikigai ist nur eine von vielen exotisch klingenden Wohlfühlphilosophien, die in den letzten Jahren herumgereicht wurden. Sie stammen oft aus dem hohen Norden oder Japan. Das dänische «hygge» ist bereits in die Alltagssprache eingegangen, was dem finnischen «kalsarikänni» nur schon wegen seines halsbrecherischen Namens kaum passieren wird. Ein Streifzug durch Lifestylephänomene aus verschiedenen Kulturen.

Ikigai (Japan)

Etwas finden, was einem echte innere Befriedigung gibt – das ist der Kern von Ikigai: Ein älterer Reisbauer, der seit 20 Jahren daran arbeitet, eine besondere Anbaumethode zu perfektionieren.

Es ist bestimmt kein Zufall, dass im gehetzten Westen die japanische Kulturtechnik Ikigai grosse Sehnsüchte weckt. Der Ausdruck bedeutet «Lebenssinn» oder freier übersetzt: «der Grund, morgens aufzustehen». Es geht bei Ikigai um die innere Zufriedenheit, um die Suche nach einer Sache – eine Arbeit, eine Aufgabe, ein Hobby –, die die Seele nährt. Für die man Hingabe empfindet.

Der japanische Hirnforscher Ken Mogi veröffentlichte 2018 ein Buch über Ikigai, das im Westen als eine Art Grundlagenwerk zu dieser Lebenskunst gilt. Doch den Zeitgeist trifft das Buch erst jetzt, fast sechs Jahre nach Veröffentlichung: Seit Wochen steht das Buch an der Spitze der «Spiegel»-Bestsellerliste.

Ein Anschauungsbeispiel liefert die Netflix-Doku «Live to 100: Secrets of the Blue Zones». Sie beleuchtet jene fünf Regionen der Welt, deren Bewohner überdurchschnittlich alt werden. Die Geisteshaltung Ikigai wird darin als einer der Gründe aufgeführt, warum auf der japanischen Inselgruppe Okinawa besonders viele Hundertjährige leben.

Döstädning (Schweden)

Sie plädiert dafür, im Leben frühzeitig aufzuräumen – materiell wie im übertragenen Sinn: Margareta Magnusson, Autorin des Buches «Frau Magnussons Kunst, die letzten Dinge des Lebens zu ordnen».

Doch selbst wenn man dank fernöstlicher Spiritualität mehr als 100 Jahre alt wird: Irgendwann ist Schluss, und zur Vorbereitung darauf empfiehlt sich ein «Todesputz» nach schwedischer Art. Ungefähr so lässt sich die schwedische Wortschöpfung Döstädning übersetzen.

Populär gemacht hat ihn die heute 90-jährige Schwedin Margareta Magnusson mit ihrem gleichnamigen Aufräum-Bestseller. «Döstädning» bedeutet: sein Leben sortieren, die Wohnung räumen, bevor es jemand anderes tun muss. Damit steht Döstädning natürlich auch für eine Geisteshaltung: das Wesentliche vom Unwesentlichen trennen; entscheiden, was man hinterlassen möchte. Überlegungen, die nicht nur im hohen Alter wertvoll sind.

Niksen (Niederlande)

So geht niksen.

Eine bewährte Methode, ein neues Phänomen ins Leben zu rufen, besteht darin, etwas Alltäglichem einen treffenden Namen zu geben. Niksen ist das beste Beispiel dafür. Aus dem Niederländischen übersetzt bedeutet es: Nichtstun. Faulenzen. Zum Lebenskonzept ausgerufen steht es für: entspannte Lässigkeit, die komplette Abwesenheit von Stress (also eigentlich das, was die Italiener mit dem Dolcefarniente schon seit je praktizieren).

Fredagsmys (Schweden)

Ungefähr so stellt man sich eine gemütliche Freitagsrunde am «Taco Fredag» in Schweden vor.

Ebenfalls sehr reizvoll zelebrieren die Schweden das Nichtstun. Nichts, oder vor allem nichts Anstrengendes, tun sie am Freitagabend: auf dem Sofa sitzen, vielleicht ein paar Leute einladen, Film schauen, solche Dinge. Das Ganze nennt sich «fredagsmys», eine Wortschöpfung aus «Freitag» und «gemütlich», und ist so etabliert, dass es ins schwedische Wörterbuch aufgenommen wurde. Wichtig: etwas Einfaches kochen – der «Taco-Freitag» («Taco Fredag») ist eine weitere schwedische Tradition.

Hygge (Dänemark)

Grobstrick, Kerzen, Buch: «Hygge» ist schon beinahe zum reinen Symbolbild verkommen.

Bleiben wir bei der Kunst der Gemütlichkeit, die Skandinavier sind darin bekanntlich führend. «Hygge» nennen das die Dänen, der Begriff ist fast schon zur Floskel geworden. Vor ein paar Jahren waren alle sehr begeistert, als Hygge als dänischer Wohlfühlexport den Rest der Welt eroberte. Alle wollten ihr Leben ein wenig hyggelig machen, und man hat bei dem Stichwort bereits die Bilder im Kopf: Stricksocken, Kaminfeuer, Kerzen, ein aufgeschlagenes Buch. Irgendwann hatte sich das als Glücksversprechen ein wenig abgenutzt.

Lagom (Schweden)

Gut, dass nur wenig nach dem Hygge-Hype das schwedische «Lagom» als neue nordische Glücksformel trendete: Lagom hat im Schriftdeutschen keine exakte Übersetzung, es bedeutet ungefähr «gerade recht, nicht zu viel und nicht zu wenig». Als Lebenshaltung interpretiert, steht Lagom für Bescheidenheit, Reduktion aufs Wesentliche, Pragmatismus.

Im Schweizerdeutschen würde man wahrscheinlich sagen: «gäbig». Oder: Was «lagom» ist, das «verhebet». So gesehen ein sehr schweizerischer Ansatz.

Tsundoku (Japan)

Bücher kaufen ist ein Versprechen. Bücher lesen manchmal eine Mühsal. Dann stapeln sich die Werke.

Bücher kaufen und Bücher lesen sind zwei voneinander unabhängige Dinge. Das japanische «Tsundoku» gab diesem Gefühl erstmals einen Namen. Der Begriff umschreibt das Phänomen, Bücher zu kaufen und sie dann ungelesen zu Hause anzuhäufen. Der Terminus hat im westlichen Sprachraum die Runde gemacht, weil sich wahrscheinlich so viele Menschen ertappt fühlen.

Friluftsliv (Norwegen)

Nordische Lifestyletrends werden gern mit dem Zusatz «… ist das neue Hygge» angekündigt. So geschehen auch mit «Friluftsliv». Der Begriff wird dem norwegischen Dramatiker Henrik Ibsen zugeschrieben, übersetzt werden kann er ungefähr mit «Leben im Freien». «Friluftsliv» gilt als Ausdruck der norwegischen Naturverbundenheit und eines Lebensstils, der dem Dasein an der frischen Luft höchste Priorität zuordnet. Glücklich machen soll er selbstredend auch.

Kalsarikänni (Finnland)

Das Emoji zur finnischen Kulturtechnik «sich allein zu Hause in Unterhosen betrinken».

Was die Niederländer und die Schweden können, können die Finnen schon lange: sich locker machen. Ihre nationale Entspannungstechnik heisst «Kalsarikänni» und wird übersetzt mit «sich allein zu Hause, nur mit Unterwäsche bekleidet, betrinken».

Kalsarikänni steht für das Gefühl radikaler Zwanglosigkeit und für die Befreiung von durchgeplanten Abenden. In Finnland gibt es für dieses Konzept nicht nur ein Wort, sondern auch ein eigenes Emoji. Der finnische Journalist Miska Rantanen machte den Begriff im gleichnamigen Buch bekannt.

Sisu (Finnland)

Gleich noch eine finnische Zutat für den Seelenfrieden: «Sisu». Exakt übersetzt werden kann der Ausdruck nicht, umschrieben wird er mit Begriffen wie «Hartnäckigkeit, Mut, Entschlossenheit». Gemeint ist innere Widerstandskraft sowie die Fähigkeit, die Zähne zusammenzubeissen. Beide sollen für die finnische Identität typisch sein. Im gegenwärtigen Kult um Resilienz und mentale Stärke wird der finnische Kampfgeist gern als Vorbild angeführt.