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So anders war das Leben früherAls in Schoren die Bauern noch ihre Sensen dängelten

Paul Ingold im Wald nahe dem Naturschutzgebiet Büsselimoos.

Es war eine andere Welt, in die Paul Ingold im Jahr 1939 hineingeboren wurde: Seine frühe Kindheit in Langenthal fiel mitten in die Wirren des Zweiten Weltkriegs.

Sein Vater war Maschinenzeichner für die Kriegstechnische Abteilung des Bundes. Seine Mutter kümmerte sich zu Hause in Schoren um die drei Söhne, ehe sie später wieder begann, als Verkäuferin zu arbeiten.

Schoren war zu der Zeit ein fast reines Bauerndorf, in dem Pferdewagen öfter zu sehen waren als Autos. Bauern mähten die Wiesen von Hand, und abends erklang von den Höfen das «Dängelen» der Sensen, um diese zu schärfen.

«Wir haben damals komplett anders gelebt», sagt Ingold im Gespräch und fügt an: «Das wurde mir erst beim Schreiben dieses Buches richtig bewusst.» Dieses trägt den schlichten Namen «Geschichten aus dem Leben».

Es gab keinen Kühlschrank

Bis Mitte der 1950er-Jahre besassen Ingolds weder Kühlschrank noch Bad, weder Fernseher noch Telefon.

Um im Winter zu heizen, gingen die Schorer in den Wald, um von den gefällten Tannen Wedelen zu binden. Paul Ingold empfand das keineswegs als mühselig: «Es war eine wunderbare Arbeit nach dem stundenlangen Stillsitzen in der Schule», schreibt er in einer der über 100 Episoden seines Buches.

Der Schorenwald bot den Menschen auch sonst viel. Sie rupften Lische, ein Sauergras, um es dem Lischenmann zu verkaufen. Damit wurden Matratzen gestopft, die weitaus billiger waren als jene mit Rosshaar.

Paul Ingold: «Wir arbeiteten hart, aber wir hatten auch grosse Freiheiten.»

Der junge Paul sammelte auch Laub für den Gärtner, damit dieser das Gemüse zum Schutz vor Kälte abdecken konnte; für einen Sack erhielt er 15 bis 20 Rappen. Und er begab sich auf die Suche nach Beeren, Hagebutten oder Pilzen.

Im Sommer hornussten die Buben nach der Schule, im Winter spielten sie Hockey auf dem zugefrorenen Sängeliweiher. «Wir arbeiteten hart, aber wir hatten auch grosse Freiheiten und viel Zeit», sagt er.

Paul Ingold wurde vom Lehrer zum Zoologen

Paul Ingold wollte unbedingt Lehrer werden. Nach seiner Schulzeit und dem Lehrerseminar fand er eine neue Stelle in Melchnau.

Doch er blieb dort nur kurze Zeit, denn er erhielt eine Postkarte von seinem früheren Biologielehrer zugeschickt. Dieser schlug vor, ihn zum Studium von Meeresvögeln auf eine einsame Lofoten-Insel zu begleiten. Ingold sagte sofort zu.

Es war ein entscheidender beruflicher Wandel, der ihn letztlich zum Zoologen werden liess, mit dem Spezialgebiet Naturschutzorientierte Verhaltensforschung an Vögeln und alpinen Säugetieren. Bis 2004 war er Dozent am Zoologischen Institut der Universität Bern.

Seinen Feldstecher hat Paul Ingold stets griffbereit.

Die erste Auflage seiner Erzählungen veröffentlichte der heute 85-Jährige in einem Büchlein im Eigenverlag, die zweite Ausgabe nun im Oberaargauer Herausgeber-Verlag.

«Besonders lieb ist mir eine Episode von 1961.» Damals war er noch Lehrer in Melchnau und beschrieb eine Naturbeobachtung am Sängeliweiher. Für diese erhielt Ingold viel positives Echo, der Text erschien in verschiedenen Büchern.

Er hat auch weniger schöne Erinnerungen: Sein jüngster Bruder sei immer von zu Hause abgehauen, bis er sich einmal verletzt habe. «Ich machte mir Vorwürfe, nicht gut auf ihn aufgepasst zu haben.»

Ein Leben lang Vögel geschützt

Früher war nicht alles besser, das zeigt Ingold in seinem Buch auf, ohne zu werten. Vieles war bescheidener – und anstrengender.

So habe seine Mutter manchmal mit dem Leiterwagen Brennholz an den Bahnhof Langenthal gekarrt. Sein Vater habe auf der Rückfahrt von der Arbeit in Bern den prall gefüllten Kartoffelsack übernommen und bis nach Basel gebracht, um ihn Paul, der dort während des Studiums lebte, zu übergeben. Damit konnte dieser sein Zimmer heizen.

Wegen seines späteren Arbeitsortes in der Umgebung von Bern zog Paul Ingold mit seiner Frau Marie-Louise Tardent, die Lehrerin und Ornithologin war, zuerst von Walterswil nach Arni bei Biglen und später nach Kirchlindach. Dort kauften sie sich ein finnisches Holzhaus. «Das passt ganz gut zu uns.»

Der Moossee an einem Herbsttag. Hier leitete Paul Ingold verschiedene Studien an Wasservögeln.

Am Burgäschi- und Moossee leitete er verschiedene Studien an Wasservögeln, im Berner Oberland zu Freizeitaktivitäten und Wildtieren.

Während gut 25 Jahren führte er am Augstmatthorn für Studierende einen Kurs durch, in dem sie Steinböcke, Gämsen und Murmeltiere beobachteten. In Habkern war er während 15 Jahren Vertreter des Naturschutzes.

Der gebürtige Langenthaler wurde früh aktiv: Er war schon in den 1950er- Jahren um den Bestand verschiedener Vogelarten besorgt. Mit dem Vogelschutzverein Langenthal setzte er sich dafür ein, den Sängeliweiher und Bleienbacher-Torfsee unter Schutz zu stellen, genauso wie später das Büsselimoos in Kirchlindach.

Ein frühmorgendlicher Spaziergang mit Paul Ingold im Jahr 2016, um Singvögel zu hören.

Noch heute geht Paul Ingold gerne zum Hochmoor, hat oft Exkursionen organisiert. «Ich wollte den Leuten zeigen, welche Naturwerte wir in der Gemeinde haben.»

Das tut er auch mit seinem neuen Buch. Die Kurzgeschichten sind nicht nur ein persönliches Erinnerungsstück, sondern ein Zeitdokument, das von den damaligen Lebensumständen erzählt.

Lesung mit Paul Ingold: Donnerstag, 30. Mai, 19.30 Uhr, Buchhandlung Buchzeichen, Marktgasse 27, Langenthal. Eintritt frei, Kollekte. Reservation wird empfohlen: buch@buch-zeichen.ch / Telefon 062 922 24 08.

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