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Kommentar zu Social FreezingEin Hoch auf den Gefrierschrank

Social Freezing boomt in der Schweiz: Oft sind es Frauen ohne Partner oder Partnerin, die ihre Eizellen einfrieren lassen.

Familienrezept: Man nehme ein Spermium und ein Ei. Und was, wenn die Eier plötzlich alle sind? Vielleicht sogar schon mit 35. Dafür gibt es zum Glück den Gefrierschrank – und in ihm dann hoffentlich doch noch Eier, konserviert für ein paar Jährchen mehr.

Das Ganze nennt sich Social Freezing – und wird in der Schweiz immer beliebter. Gemäss neuen Zahlen des Bundesamts für Gesundheit waren Ende 2022 in der Schweiz die Eizellen von rund 1900 Frauen konserviert – ohne medizinischen Grund. Innerhalb von drei Jahren hat sich die Zahl mehr als verdoppelt. Und inzwischen gibt es sogar Firmen, die ihren Mitarbeiterinnen den Eingriff finanzieren.

Kritikerinnen und Kritiker mögen einwenden, dass die Arbeitgeber die Frauen so unter Druck setzen könnten; sie sollen ihre Karriere priorisieren und erst später Kinder machen. Eine Befürchtung, die auch der Präsident der Nationalen Ethikkommission, Markus Zimmermann, teilt. Zu Recht. Aber: Das machen die Arbeitgeber nicht erst seit Social Freezing. Da haben sie noch ganz andere Druckmittel.

Ausserdem: Dass Kinderbetreuung in der Schweiz nicht für alle bezahlbar ist, ist für viele Frauen Grund genug, erst spät eine Familie zu gründen – nämlich dann, wenn sie es sich leisten können. Oder gar nie: Siehe sinkende Geburtenrate.

Und sowieso: Studien zeigen, es sind mehrheitlich gar nicht die Karrierefrauen, die ihre Eizellen einfrieren lassen. Es sind vor allem Frauen mit Kinderwunsch, aber ohne Partner oder Partnerin.

Der Druck beim Dating sinkt

Natürlich ist Social Freezing nicht das Gelbe vom Ei. Ja, es wäre schöner, wenn die Liebe kommen würde, bevor die Eier in den Gefrierer müssen. Aber auf solche Kopfgründe hört die Liebe nun mal nicht.

Die Eier veröden zu lassen, hilft da auch nicht weiter. Im Gegenteil. Für viele Frauen reduziert das Konservieren der Eizellen den Druck beim Dating. Und Druck hilft ja bekanntlich nicht beim Verlieben.

Allerdings: Social Freezing muss man sich leisten können – wenn man es nicht vom Arbeitgeber geschenkt bekommt. Mehrere Tausend Franken kostet das. Längst nicht alle haben die Mittel dazu. Das ist unfair. Hat aber an sich nichts mit Social Freezing zu tun. Die Welt ist unfair. Wer das ändern will, muss anderswo anpacken.

Und gerade Social Freezing macht die Welt ja ein bisschen fairer. Oder ist es fair, dass bei Frauen irgendwann Schluss ist und bei Männern nicht? Und ja, die Natur, sie will keine alten Mütter. Bei manchen Frauen ist aber eben schon mit 35 Schluss und bei anderen erst mit 45. Eine 35-Jährige mit Social-Freezing-Kind ist keine schlechtere Mutter.

All die Argumente gegen Social Freezing – die Ei-ei-ei-Gedanken – haben mit der Methode an sich nichts zu tun. Ja, wir brauchen mehr als eingefrorene Eizellen. Wir brauchen Liebe, Kinderbetreuung, nette Arbeitgeber und eine faire Welt. Aber bis dahin brauchen wir eben vielleicht auch einen Gefrierschrank – vollgepackt mit Eiern.