Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Politischer GeschlechtergrabenJunge Frauen haben keine Lust auf rechte Männer

Junge Frauen sind grösstenteils linker als junge Männer – eine Entwicklung, die sich seit 2017 und der #MeToo-Bewegung abzeichnet.

Rund um den Globus orientieren sich junge Frauen zunehmend nach links, während ihre männlichen Altersgenossen konservativer werden. Ein aufsehenerregender Artikel in der «Financial Times» belegt dies mit Daten. Die junge Generation sei schwer gespalten, das zeichne sich seit 2017 ab.

Der globale politische Geschlechtergraben

Ob in Deutschland, Grossbritannien oder Polen, ob in den USA oder Südkorea, China oder Tunesien: Überall tut sich ein Graben auf. Frauen unter dreissig sind gemäss den Statistiken der «Financial Times» oft um 30 oder mehr Prozentpunkte linker – im Wahlverhalten, in Fragen sozialer Gerechtigkeit und Menschenrechten, in ihrer Offenheit gegenüber der LGBTQ-Community und dergleichen.

Noch vor rund einem Jahrzehnt bezeichneten sich vielerorts 20 bis 30 Prozent der Jungen als links, unabhängig von ihrem Geschlecht. Direkt nach dem 2. Weltkrieg waren in etlichen Ländern die Frauen sogar häufiger rechts positioniert als die Männer. Ab 1980 aber wählte beispielsweise in jeder US-Präsidentschaftswahl ein grösserer Anteil der Frauen demokratisch als der Männer; Frauen trugen dort auch wesentlich zum gesellschaftlichen Wandel bei.

Diese Entwicklung illustriert auch eine aktuelle Studie des Survey Center on American Life: Unter den weissen Amerikanerinnen der Gen Z (*1997–2012) nennen sich inzwischen 46 Prozent «liberal» (links), bei ihren männlichen Altersgenossen sind es bloss 28 Prozent (dafür bezeichnen sich 36 Prozent als «conservative»). Bei den Millenials (39 vs. 34 Prozent) und der Gen X (24 vs. 23 Prozent) ist der Geschlechterunterschied viel geringer.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Der Trend ist auch in der Schweiz zu beobachten. So zeitigte 2023 eine Sotomo-Studie im Auftrag der «NZZ am Sonntag» ähnliche Resultate: Stuften sich 2010 hierzulande 35 Prozent der Frauen unter 30 als links ein, sind es heute 52 Prozent. Bei den gleichaltrigen Männern tut dies nur ein Drittel, dafür verortet sich ein grösserer Anteil rechts als früher – 29 Prozent im Jahr 2010, heute 43 Prozent (lesen Sie dazu auch «Junge Menschen driften politisch auseinander»). Dass in der Schweiz 57 Prozent der Frauen die Konzernverantwortungsinitiative bejahten, aber nur 43 Prozent der Männer, wertete Sotomo als ein Symptom dieses globalen Phänomens.

Die Gründe für den Trend

Als Trigger gilt gemeinhin die «#MeToo-Explosion» von 2017. In Umfragen sprechen junge Frauen auf der ganzen Welt von einem regelrechten Erweckungserlebnis des Empowerments und der Solidarität unter Frauen. Die Polarisierung rund ums Recht auf Abtreibung in verschiedenen Ländern hat diese Grundstimmung noch befeuert. Junge Männer hingegen fühlen sich laut Befragungen zunehmend verunsichert, auch diskriminiert. In den USA sagen 57 Prozent der Gen-Z-Männer dezidiert, sie seien keine Feministen, wohingegen sich 61 Prozent der gleichaltrigen Frauen als Feministinnen bezeichnen.

Es gehört zur traurigen Ironie dieser emanzipativen Welle, dass sich junge Frauen heute unzufriedener über ihre Behandlung und den Stand der Gleichberechtigung äussern als noch 2016: Die Wahrnehmung für Schieflagen wurde seither sichtlich geschärft. Kritiker sagen: ungesund geschärft. Dass Gen-Z-Frauen stärker unter psychischen Problemen leiden als frühere Frauengenerationen, wird gerade von konservativer Seite oft als Folge eines fehlgeleiteten Feminismus gesehen: Sich ins Opfernarrativ hineinzusteigern, sei schädlich.

Eine weitere, gern angeführte Erklärung für den Schwenk nach links sind die steigenden Studentinnenzahlen in den westlichen Ländern: Frauen tauchen vermehrt in die akademische Welt ein, insbesondere in die geisteswissenschaftliche, die, je nach Standpunkt, als befreiend oder als linksideologisch verseucht taxiert wird.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Die konservativere Haltung der jungen Männer wiederum wird bisweilen im Zusammenhang damit gesehen, dass sie im Schnitt niedrigere Bildungsabschlüsse erreichen. In der Schweiz hat unter den 25- bis 34-Jährigen ein klar höherer Anteil der Frauen (41 Prozent) einen Universitäts- oder Fachhochschulabschluss als der Männer (35 Prozent).

Auch dass viele junge Menschen Social Media intensiv nutzen, wird als eine mögliche Ursache für den Geschlechtergraben diskutiert. Links wie rechts locke der Algorithmus die Leute in immer radikalere, intolerantere Blasen.

Die Folgen für den Beziehungsmarkt

Die wachsende Spaltung innerhalb der jungen Generation wird begleitet von einer geringeren Bereitschaft, sich mit Andersdenkenden einzulassen. Laut Change Research ist für 76 Prozent der jungen Amerikanerinnen die schlimmste «Red Flag», das alarmierendste Warnzeichen, wenn sich ein Mann als Trump-Anhänger identifiziert.

Der schlimmste Abturner für die gleichaltrigen Männer (64 Prozent) wiederum ist, wenn sich die Frau als Kommunistin zu erkennen gibt. Politische Haltungen sind bei der Partnerwahl keine Nebensache mehr, sondern ein Knackpunkt. Es geht um «Identität». Durch diesen allgemeinen Trend wird die «Paarungslücke» – die sich ohnehin ergibt, weil die meisten Akademikerinnen sich einen Partner mit gleichem Bildungsstand wünschen, während sich viele Männer beim Daten bildungstechnisch «nach unten» orientieren – noch intensiviert.

Entsprechend würden 71 Prozent der demokratischen College-Studierenden laut einer Analyse der Nachrichten-Website Axios auf keinen Fall auf ein Date mit jemandem gehen, der gegensätzliche politische Meinungen hat – wobei diese Position bei den jungen Frauen noch ausgeprägter ist als bei den jungen Männern. Doch nur 31 Prozent der befragten studierenden Republikaner sehen dies so eng.

Gleichzeitig nehmen nicht nur in den USA Eheschliessungen, Partnerschaften und sogar Freundschaften tendenziell ab, Single-Haushalte nehmen zu. Auch in der Schweiz sank die jährliche Zahl der Heiraten und eingetragenen Partnerschaften, vergleicht man 2015 mit 2022. Die «Washington Post» unkt, dass es angesichts des grossen Gaps zwischen jungen Männern und Frauen künftig schlecht bestellt sein werde um die Partnerwahl. «Jemand wird Kompromisse eingehen müssen», heisst es dort – schon um der Fertilität und der friedlichen Zukunft des Landes willen.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Dieser Kommentar wurde freilich von progressiven Stimmen scharf kritisiert. Das Internet-Magazin «Salon» etwa schoss zurück: «Unsere sexistische Kultur ist zu verliebt in Geschichten weiblicher Selbstopferung, um zu akzeptieren, dass es voll o.k. ist, wenn Trump-Anhänger nie Sex bekommen.» Dabei würden die rechten Milieus widerlicherweise versuchen, die Rechte von Frauen und Minderheiten zu beschneiden.

Ein Teil der konservativen Männer bemüht sich seinerseits lautstark darum, sich zu Markt zu tragen – bis dato mit wenig sichtbarem Erfolg, aber viel öffentlichem Gejammer und auch misogyner Rhetorik. Der deutsch-amerikanische national-konservative Tech-Milliardär Peter Thiel hat daher (nicht als Einziger) in eine Datingapp für Konservative investiert, «The Right Stuff». Sie hat aber nicht recht abgehoben. Die ähnlich gelagerte App «Trump Singles» existiert nicht mehr, auch «Righter» war ein Misserfolg.

Der konservative Sender Fox News widmete extra Sendezeit dem Zweck, junge Frauen von den Trump-Fans, «echten Männern», zu überzeugen. Sie seien es, die das Land am Laufen hielten: all diese «Bauern, Soldaten, Fabrikarbeiter», schwärmte die schicke Moderatorin. Stattdessen gingen die bemitleidenswerten jungen Damen mit «Beta-Guys» aus, die die Tür nicht für sie aufhalten, die Kosten fürs Dinnerdate nicht voll übernehmen, sie nicht beschützen.

Eine gesellschaftliche Versöhnung der beiden Lager scheint vorderhand nicht in Sicht.