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Western-FashionYeehaw, der Wilde Westen ist zurück!

Cowboyhut, türkise Details und protzige Gürtelschnalle: Auch Louis Vuitton feiert das Comeback des Wilden Westens.

Sie sitzt hoch zu Ross, fast schon heroisch hält sie in der einen Hand die Zügel, in der anderen eine US-Flagge. Ein Cowboyhut ziert ihren mit Stolz erhobenen Kopf, dazu trägt sie ein ledernes Outfit in den Farben Rot, Weiss und Blau.

Alles auf dem Album-Cover von Beyoncés Country-Album «Cowboy Carter» schreit nach unseren klischierten Vorstellungen des Wilden Westens. Eigentlich fehlen nur noch ein Strohhalm, der aus dem Mundwinkel der Sängerin baumelt, und eine Pistole, die gefährlich aus dem Holster hervorblitzt.

Beyoncé befeuert mit ihrem Album «Cowboy Carter» nicht nur eine Debatte, sondern auch einen Modetrend.

Dass sich Beyoncé als Cowgirl inszeniert und damit mit einer hochheiligen amerikanischen Ikonografie spielt, erzürnt die rechtskonservativen Amerikaner vermutlich noch mehr als die Tatsache, dass eine schwarze Sängerin typisch weisse Musik macht.

Mit dieser Entrüstung scheinen die Konservativen jedoch ziemlich allein dazustehen. Denn der Western-Trend ist gerade nicht aufzuhalten – weder in der Musik noch in der Modewelt. Ob Cowboyhüte, Gürtel mit Bling-Bling-Schnallen oder Fransenjacken – die Welt feiert die einstige Arbeitskleidung von Bauern und Cowboys.

Beyoncé hat den Western-Trend aber nicht allein initiiert. Zum Hype beigetragen hat unter anderem Taylor Swift. Da die Sängerin ursprünglich als Country-Star durchstartete, waren an den Konzerten ihrer «Eras»-Tournee etliche Fans im Cowgirl-Look gekleidet.

Von Barbie über Bella Hadid bis Louis Vuitton

Aber auch andere popkulturelle Ereignisse haben den Trend massgeblich geprägt: etwa die gefeierte Neo-Westernserie «Yellowstone» mit Kevin Costner, in der moderne Cowboys in Carhartt-Jacken und Jeans nicht nur Pferde reiten, sondern auch teure SUVs fahren und Frauen und Ureinwohner nicht blosse Statisten sind. Und in Greta Gerwigs «Barbie» tragen Barbie und Ken pinke Bandanas um den Hals und weisse Cowboyhüte auf dem Kopf.

Die Outfits wurden auch auf Tiktok gefeiert, wo sich die Ästhetik mittlerweile unter den Schlagworten «Coastal Cowgirl» oder «Cowboycore» grosser Beliebtheit erfreut. Als Modeinspiration dient neben Beyoncé auch Bella Hadid. Denn das Model datet einen waschechten Cowboy – den amerikanischen Reit- und Pferdetrainer Adan Banuelos. Seither fiebert Hadid beim Rodeo regelmässig auf der Zuschauertribüne mit. Selbstverständlich in Lederhosen und mit Cowboyhut. Das Model kennt sich mit der Reit-Ästhetik aus, schliesslich ist sie selbst seit ihrer Kindheit professionelle Turnierreiterin.

Das Model Bella Hadid ist der Inbegriff der Cowgirl-Ästhetik.

Und auch Modehäuser sind mittlerweile auf den Western-Zug aufgesprungen: Den fulminanten Anfang machte Sänger Pharrell Williams, als er im Januar in Paris seine erste Kollektion als Kreativchef der Männerlinie bei Louis Vuitton präsentierte. Vor einem riesigen Bild der steinigen Prärie zeigte Williams eine Kollektion, die das Jahr der Cowboys prophezeite.

Cowboys stehen für Freiheit – und grenzenlose Coolness

Die Models trugen lässige Jeanshemden, mit Türkisen verzierte Bolo-Ties (also Westernkrawatten) oder die klassische Keepall-Tasche aus Kuhfell. Kunstvoll bestickte Hemden und protzige Gürtelschnallen erinnerten hingegen an Rodeo-Outfits. Und mit Ponchos und Schals, die Williams von Künstlern der Stammesgruppen Dakota und Lakota fertigen liess, huldigte der Designer den indigenen Einflüssen des Wilden Westens.

Auch Labels wie Chloé und Molly Goddard zeigten in ihren diesjährigen Kollektionen ihre Interpretation des modernen Cowgirls: Sie tragen mit Fransen besetzte High Heels und mit Rosen bestickte Westernhemden.

Das Modehaus Louis Vuitton zeigte bei seiner Fashionshow in Paris seine Interpretation des modernen Cowboys.

Dass der Western-Look eine solche Anziehungskraft hat, verwundert keineswegs. Denn ein Cowboy verkörpert nicht nur Stärke, Selbstständigkeit und einen ausgeprägten Sinn für Freiheit und Individualität – sondern vor allem grenzenlose Coolness. Fransenjacken und Cowboystiefel sind deshalb ein einfacher Weg, Entspanntheit in ein Outfit reinzubringen.

Stars wollen Narrativ korrigieren

Aber wieso findet der Western-Style gerade jetzt und bei der grossen Masse Anklang? Das liegt auch an der wichtigen Botschaft, die Beyoncé vermittelt, wenn sie «Texas Hold’Em» singt und sich mit den Zügeln in der Hand zeigt: Country – oder besser gesagt die amerikanische Kultur – gehört allen, egal welcher Hautfarbe. Denn der Wilde Westen gehört nicht nur den Weissen, das hat er nie.

Sowohl die Countrymusik als auch der Wilde Westen und seine Cowboys fielen dem Whitewashing Hollywoods und der Musikindustrie zum Opfer. Zwar wurden die meisten Lasso schwingenden Westernhelden von weissen Schauspielern wie Gary Cooper, Henry Fonda und Clint Eastwood gespielt, doch schätzen Historiker, dass in Wirklichkeit einer von vier Cowboys schwarz war.

Deshalb liefen bei Pharrell Williams’ Louis-Vuitton-Fashionshow sowohl Männer als auch Frauen unterschiedlicher Hautfarben über den Laufsteg. «Wenn Cowboys porträtiert werden, sieht man nur wenige Versionen», sagte Williams nach seiner Fashionshow. «Man bekommt nie wirklich zu sehen, wie einige der ursprünglichen Cowboys aussahen. Sie sahen aus wie wir. Sie sahen aus wie ich. Sie waren schwarz und sie waren amerikanische Ureinwohner.»

Und auch die Countrymusik hat starke afroamerikanische Wurzeln. Das Banjo, das klassische Country-Instrument, stammt aus Westafrika und kam mit den Sklaven in die USA. Erst später wurden Schwarze systematisch aus dem Musikgenre ausgeschlossen.

Wenn Stars wie Williams und Beyoncé also Cowboyhüte tragen, dringen sie in hochkonservatives, weisses Territorium ein – und rütteln an der Vorstellung von Patriotismus und der amerikanischen Identität. Auch, um mit dem grossen Einfluss, den sie haben, die Geschichtsschreibung richtigzustellen. Und die Modewelt? Die schwingt sich enthusiastisch in den Sattel, um mit in den Sonnenuntergang zu reiten.